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sunlight club

Posted: 18 Apr 2012


Taken: 08 Apr 2012

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Bad Ems an der Lahn

Bad Ems an der Lahn
Ob die Römer, die hier ein Kastell hatten, schon in Thermalwasser gebadet haben, ist nicht erwiesen. Ems, das war zunächst ein armes Dorf mit einer bescheidenen Landwirtschaft, die durch die steilen Hanglagen sehr beschwerlich war. Später kam der Weinbau hinzu, früher schon, wenn auch mit großen Unterbrechungen bis 1945, der Bergbau auf Blei und Silber.

Der Aufstieg zum Badeort ist einem geologischen Vorgang zu verdanken. Als der Rest des alten Variskischen Faltengebirges wieder gehoben wurde, zerbrach dieser in Schollen. Es bildeten sich Spalten und Klüfte. An ihnen drangen beiderseits der Lahn die gasdurchperlten Mineralthermen empor.

Vom 14. bis zum 19. Jahrhundert war der Badebetrieb primitiv und brachte nur mäßigen Gewinn. Ärzte, allen voran Dr. Johann Eichmann, der sich Dryander nannte, trieben eine marktschreierische Reklame. Sie listeten so ziemlich alle Krankheiten auf, die mit dem Heilwasser zu kurieren wären, auch Krebs, die Syphilis und der »wahre Spleen«.

Im 19. Jahrhundert erfolgte dann der rasante Aufstieg zur »Sommerhauptstadt Europas«, zum »Weltbad«. Jaques Offenbach, der als Dirigent und Komponist kam, auch etwas gekurt hat, nannte Ems »meine Sommerfiliale«, verschwieg aber, daß ihn meistens die Flucht vor seinen Gläubigern nach Ems trieb. Im »Moniteur de la Mode«, dem vielgelesenen Pariser Blatt, hieß es im Juni 1863: »Hier trifft sich die Aristokratie aus ganz Europa.« Und im nächsten Monat: »Ems ist die Perle der Thermalbäder und der Vergnügungsturm zu Babel.«

Als Caroline von Humboldt 1819 in Ems weilte, lag die Zahl der Kurgäste unter 1000. 1871 stieg sie auf 12000. Man kann im Archiv der Stadt Bad Ems in den Kurlisten blättern und gleichzeitig den Gotha, den Adelskalender, aufschlagen. Man wird darin kaum einen Namen finden, der nicht auch in den Listen steht.

Es kamen nicht nur Kaiser, Könige, Prinzen, Prinzessinnen und der Hochadel, sondern auch Dichter, Komponisten, Virtuosen, Maler und Politiker. Ebenso die Müßiggänger, die Flaneure, die Dandys, die Snobs und die Huren aus Koblenz. Es gab ständige Begegnungen, in der Brunnenhalle, auf der Promenade, im Park, im Theater, im Konzert, in der Spielbank.

Viele kamen zum Vergnügen, bedurften der Kur nicht. Für Dostojewski hat, wie er meinte, die Kur lebensverlängernd gewirkt.

Kaiser Wilhelm I. holte sich jeden Winter durch Unterkühlung bei offenem Fenster einen Katarrh, folglich kam er jeden Sommer nach Ems, für das Bad die beste Reklame. Einen Katarrh verursacht durch Überbeanspruchung der Stimmbänder, ließen auch die größte Sängerin ihrer Zeit, Jenny Lind, und der große Rhetor Ferdinand Lassalle kurieren. Bei manchen, wie bei Richard Wagner und Nicolai Gogol, war das Krankheitsbild unklar. Fuhren Hypochonder »kuriert« nach Hause, galt für sie das Bibelwort: »Dein Glaube hat dir geholfen.« Schlimme Fälle waren der an Kehlkopfkrebs erkrankte Kronprinz Friedrich, der als 99-Tage-Kaiser in die Geschichte eingegangen ist, und Carl Maria von Weber mit einer weit fortgeschrittenen Tuberkulose.Beide hatten nur noch kurze Zeit zu leben.

Viele erscheinen in den Listen als »Durchgereiste«. So Goethe, der zwar »einige Male des sanften Bades« genoß, aber ebenso wenig ein Kurgast war wie August Graf von Platen, dessen Ballade »Das Grab im Busento« Generationen auswendig lernen mußten. Auch Gustav Nachtigal, Deutschlands größter Afrikaforscher, hat bei seinem Aufenthalt vom Heilwasser keinen Gebrauch gemacht. Bismarck reiste in Dienstgeschäften an. Gerade ihm, dem maßlosen Esser und Trinker, hätten eine Kur und Diät gutgetan.

Nicht ohne Wirkung ist auch das milde Niederungsschonklima, das allerdings Caroline von Humboldt und Paul Heyse völlig falsch beschrieben haben. Denken wir uns die Bebauung fort, so haben wir eine Landschaft, wie sie Hans Thoma, von den Höhen des Taunus’ herabblickend, gemalt hat. Was ihre Schönheit ausmacht, ist die Tiefenstaffelung der Gehänge mit den reizvollen Überschneidungen der Gefällslinien. Bei wachsender Entfernung wird auch der Luftkörper mächtiger und wirkt wie ein seidiger Flor, der die Farben filtert, ihnen alles Grelle und Harte nimmt und feinste Übergänge schafft.

Stärkste Belebung erhält das Bild durch den Fluß, auf den alle Linien der Landschaft bezogen sind. Vom linken Lahnufer hat man den so oft gerühmten »Panoramablick« auf den magnetischen Punkt, auf den feudalen und eleganten Klassizismus des Kursaales. Dort sind die großen Virtuosen aufgetreten, die Pianisten Franz Liszt, Henri Herz und Clara Schumann; die Geiger Nicolo Paganini, Charles de Bériot, Pablo de Sarasate und die gefeierten Sängerinnen Henriette Sontag und Jenny Lind.

Seit einigen Jahren klappern die Jetons wieder in der Spielbank, die Kaiser Wilhelm I. 1872 schließen ließ. Für ihn, den sittenstrengen Calvinisten, war es ein Ärger besonderer Art, als sein Neffe, Zar Alexander II., seine Geliebte Katharina Dolgoruki mit nach Ems brachte. Wie hätte Wilhelm wohl auf das Verkehrsgetöse reagiert, das heute seine Wohnung im Kaiserflügel des Kurhauses umbrandet? Es ist ein merkwürdiger Zufall, daß die weltverändernde Erfindung des Benzinmotors von einem Mann gemacht wurde, der aus dem nahegelegenen Dorf Holzhausen stammte: Nikolaus August Otto.

Der »Benedettistein« mit dem Datum 13. Juli 1870 erinnert an die Weltminute auf der Kurpromenade und im Spiegelsaal von Versailles. Die einst vergoldeten Zwiebelkuppeln der russisch-orthodoxen Kirche der Heiligen Alexandra spiegeln sich in der Lahn und gemahnen an die Tragik zweier Völker und das Unheil der Romanows und Hohenzollern.

Kaiser Wilhelm I.

Kaiser Wilhelm I. war der berühmteste Kurgast des Bades. Die Emser wußten ihm Dank und stellten im Kurgarten sein Marmordenkmal auf. Doch war er nicht auch der »Kartätschenprinz«, das Werkzeug Bismarcks, der Stockpreuße, der in Versailles nur unter Tränen die Kaiserkrone annahm, weil er darin den Untergang Preußens sah? Der Streit flammte vor einigen Jahren unerwartet wieder auf, als man das riesige Reiterstandbild des Kaisers erneut auf den Sockel am Deutschen Eck in Koblenz stellen wollte. Was dann gegen alle Widerstände doch geschehen ist.
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Comments
 sunlight
sunlight club
Merci beaucoup Sinephot !
13 years ago.

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